Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze:
- Ein Zahnengstand beschreibt die Situation, dass Zähne zu wenig Platz im Kiefer haben und sich daher z. B. überlappen.
- Von Zahnengständen können sowohl Kinder als auch Erwachsene betroffen sein.
- Es gibt unterschiedliche Ursachen, welche zu einem Engstand führen können. Diese sind abhängig von der Genetik, frühzeitigem Milchzahnverlust oder einem verkehrten Zusammenspiel der Mundmuskulatur.
- Ein Engstand führt zur Überlappung von Zähnen, was eine übermäßige Abnutzung und ein erhöhtes Kariesrisiko zur Folge hat.
Der Zahnengstand
Von einem Engstand spricht man in der Zahnmedizin, wenn die Zähne im Oberkiefer oder Unterkiefer zu nah beieinanderstehen, dadurch gedreht oder aus der Zahnreihe verschoben sind oder gar nicht durchbrechen können.
Hier herrscht ein Platzmangel, welcher es den Zähnen nicht ermöglicht, ihren Normalzustand in einer ausgewogenen Zahnreihe einzunehmen. Das Gegenteil vom Platzmangel zeigen Zahnlücken. Hier haben Zähne zu viel Platz und finden nicht den richtigen Kontakt zueinander.
Zahnengstände haben unterschiedliche Ursachen und kommen sowohl bei Kindern und Jugendlichen, als auch bei erwachsenen Männern und Frauen vor. Dabei kann jeder Zahn davon betroffen sein, wobei dieses Phänomen meist in der Front, im Bereich der Schneidezähne, auftritt.
Ursachen eines Engstandes
Verschiedene Ursachen können zu einem Zahnengstand führen. Daher haben viele Menschen mit dem Problem des Platzmangels im Mundbereich zu kämpfen.
Primärer Engstand
Vom primären Engstand spricht man, wenn das Größenverhältnis der Zähne zum Kiefer nicht passt. Entweder ist die Zahngröße für den Kiefer zu groß, oder die Kiefer im Vergleich zu den Zähnen zu klein. Der primäre Engstand ist genetisch bedingt. Allerdings tritt dieser Fall jedoch relativ selten auf.
Funktioneller Engstand
Diese Form des Engstandes kommt am häufigsten vor. Die Muskeln im Bereich des Mundes, also der Zunge, Wangen und Lippen, müssen ausgeglichen Zusammenarbeiten um einen ausgewogenen Druck auf Zähne und Kiefer auszuüben.
Ist die Belastung der Muskeln hier nicht richtig aufeinander abgestimmt, so hat dies Auswirkungen auf das Kieferwachstum und führt zu Zahnfehlstellungen. Diese Fehlfunktion kann trainiert werden, was einen hohen Einsatz an Mitarbeit des betroffenen Patienten erfordert.
Wird diese Fehlfunktion nicht behoben ist die Gefahr eines Rezidivs, also einem Zurückwandern der Zähne nach einer kieferorthopädischen Behandlung, sehr hoch.
Gestörter Zahnwechsel
Die Milchzähne haben eine Platzhalterfunktion für die nachfolgenden bleibenden Zähne. Fällt ein Milchzahn zu früh aus, aufgrund von z.B. Karies, so kann dieser nicht mehr als Platzhalter dienen.
Die hinteren Zähne neigen dann dazu, nach vorne auf zuwandern und den Platz für die nachfolgenden Zähne zu besetzen. Die bleibenden Zähne haben so keine Chance, ihren angedachten Platz einzunehmen und sind im schlimmsten Fall am Durchbrechen komplett gehindert.
Engstand im Erwachsenenalter
Verspätetes Wachstum
Bei erwachsenen Patienten kann es zu einem verspäteten Wachstum kommen, wobei dies meist den UK betrifft. Synonym bezeichnet man dieses Phänomen als tertiärer bzw. Adoleszenz-Engstand.
Zeigt der Unterkiefer erst spät noch ein leichtes Wachstum, werden die Zähne nach vorne geschoben. Dadurch kann es passieren, dass sie an die oberen Schneidezähne stoßen und diese die Unterkiefer-Front nach hinten drückt. So entsteht ein Platzmangel für die unteren Frontzähne, welche sich dann verschachteln müssen.
Abbau von Kieferknochen
Im Alter kann sich der Kieferknochen abbauen. Dies kann das biomechanischen Kräftegleichgewicht verschieben. Das Gleichgewicht zwischen der gelockerten Verwurzelung der Zähne im Kiefer zu den Muskelbewegungen von Lippen, Zunge und Wangen ist nicht mehr ausgewogen, was zu einem Zahnengstand führen kann.
Wandertendenz von großen Backenzähnen
Die großen Backenzähne, bzw. die Molaren, zeigen eine Tendenz zum Schieben nach vorne. Dieser Druck von hinten bezeichnet man auch als Mesialdrift. Dieser Schub von hinten führt dazu, dass die vorderen Zähne, also die Schneidezähne, eingeengt werden.
Weisheitszähne als Ursache
Oft wurden die Weisheitszähne für einen späteren Engstand benannt. Jedoch ist inzwischen nachgewiesen, dass diese nur dann einen Schub verursachen, wenn sie mit einer Kippung nach vorne von etwa 30% durchbrechen. Dann verstärken sie den Schub nach vorne und können einen vorhanden Engstand noch verschlimmern.
Zu viele Zähne
Diese Ursache kommt nur etwa bei 1 – 3% der Bevölkerung vor und wird auch als Hyperdontie bezeichnet. In diesen Fällen ist ein Zahn zu viel angelegt, welcher oft eine verkümmerte Krone besitzt und als Mesiodens bezeichnet wird. Dieser Zahn zu viel befindet sich meist in der Mitte der OK-Front und behindert den Durchbruch der Nachbarzähne.
Auswirkungen eines Engstandes
Engstände haben zur Folge, dass Zähne verdreht sind, verschachtelt stehen oder sich außerhalb von der Zahnreihe befinden. Dies kann zu verschiedenen Folgen führen:
- Erschwerte Zahnreinigung
- Erhöhtes Kariesrisiko
- Erhöhtes Risiko für Entzündungen des Zahnhalteapparates (Parodontitis)
- Verstärkte und ungleiche Abnutzung der Zähne
- Behinderter Zahndurchbruch kann die Wurzeln von Nachbarzähnen beschädigen
- Ästhetische Auffälligkeiten in der Front
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Vermeidung von Lächeln
Draufsicht eines Engstandes
Zahnengstand behandeln
Die Behandlung von Zahnengständen ist je nach Ursache und Alter des Patienten unterschiedlich.
Behandlung bei Kindern
Zunächst muss abgeklärt werden, was die Ursache für den Zahnengstand ist. Bei Kindern ist das Kieferwachstum noch nicht beendet. Das bedeutet, der behandelnde Kieferorthopäde kann die Kiefer im Wachstum beeinflussen.
Ist der Oberkiefer zu schmal so können sogenannte aktive Platten verwendet werden, um den Kiefer nach und nach zu verbreitern. Erfolgte eine Wanderung des sechsjahres-Molaren nach vorne so kann mit einem Head-Gear gearbeitet werden. Daneben können noch weitere kieferorthopädische Materialien, wie FKO (funktionskieferorthopädische)-Geräte oder GNE (Gaumennahterweiterungs)-Apparaturen, verwendet werden, je nachdem woher der Engstand kommt.
Handelt es sich um einen funktionellen Engstand ist es anzuraten, zusätzlich eine Behandlung bei einem Logopäden durchzuführen. Durch gezieltes Training kann das Gleichgewicht der Muskelbewegungen von Lippe, Zunge und Wange wieder hergestellt werden.
Neben herausnehmbaren Geräten kann auch eine Behandlung mit einer festsitzenden Zahnspange durchgeführt werden. Mindestens zur Feinregulierung der Zahnstellung ist diese meist notwendig.
Engstandbehandlung bei Erwachsenen
Bei erwachsenen Patienten ist das Wachstum abgeschlossen. Eine kieferorthopädische Behandlung ist daher erschwert und mit herausnehmbaren Geräten nahezu unmöglich.
Lediglich mit losen Schienen, welche aus durchsichtigem Kunststoff bestehen, werden bei leichteren Fällen eingesetzt. Diese können leichte Korrekturen vornehmen und verhindern vor allem ein weiteres Wandern.
Bei einer Doppelanlage, also dass ein Zahn zu viel vorhanden ist, wird dieser mit einem kleinen operativen Eingriff entfernt. Das Zähne Ziehen erfolgt genauso bei Kindern. Im Anschluss ist eine kieferorthopädische Behandlung mit einer festen Zahnspange notwendig, um die Zähne in die richtige Stellung zu bewegen.
Ist der Engstand bedingt durch einen zu schmalen Oberkiefer so ist eine rein kieferorthopädische Behandlung nicht mehr ausreichend. In solchen Fällen erfolgt eine Gaumennahterweiterung durch eine Kombination aus kieferchirurgisch-kieferorthopädischer Behandlung.
Kosten der Engstandbehandlung
Eine pauschale Aussage über die Kosten der Behandlung von Engständen kann nicht getroffen werden. Diese sind stark davon abhängig, wie alt der Patient ist, um welche Form der Fehlstellung es sich handelt und welche Materialien zur Behandlung verwendet werden.
Fällt der Befund in bestimmte kieferorthopädische Indikationsgruppen, und zwar mindestens in Gruppe 3, werden die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung bei Kindern und Jugendlichen von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
Die Kostenübernahme bei erwachsenen Männern und Frauen erfolgt, mit Ausnahme von sehr schweren Fällen, in der Regel nicht.
Private Krankenversicherungen und Zahnzusatzversicherungen übernehmen die Kosten für die Behandlung je nach gewählten Vertrags- bzw. Tarifverbindungen. Diese müssen individuell abgeklärt werden.